Das wirtschaftliche Potenzial Afrikas als attraktiver Zukunftsmarkt ist unbestritten. Der Finanzierungsbedarf ist hoch – insbesondere im Bereich der Infrastruktur. Doch die Entwicklung ist bisher eher langsam. Mit neuen, zusätzlichen Finanzierungsinstrumenten könnte man das wirtschaftliche Potenzial wesentlich entfalten. Zu diesem Schluss kommt die aktuelle Studie des weltweit führenden Kreditversicherers Euler Hermes zum Thema Finanzierung in Afrika mit dem Titel „Let Africa enter its Belle Époque“.
„In den Bilanzen afrikanischer Unternehmen schlummert ein enormes, bisher ungenutztes Investitionspotenzial: Bis 2020 könnten rund 45 Milliarden (Mrd.) US-Dollar (USD) an gebundenem Kapital freigesetzt werden“, sagte Ludovic Subran, Chefvolkswirt von Euler Hermes. „Wenn Lieferanten ein Zahlungsziel von 30 Tagen gewähren würden – was im weltweiten Vergleich sehr wenig ist – könnten die Unternehmen das damit frei gewordene Working Capital für Investitionen nutzen und damit die afrikanische Wirtschaft ankurbeln und den schlafenden Löwen damit endlich zum Brüllen bringen.“
Zahlungsziele im weltweiten Schnitt bei 66 Tagen – weniger als die Hälfte reicht für Boom
Weltweit herrschen zum Teil sehr lange Zahlungsziele vor, im weltweiten Durchschnitt werden Rechnungen nach 66 Tagen bezahlt – für Afrika würde schon weniger als die Hälfte einen wirtschaftlichen Boom auslösen. In China (92 Tage Days of Sales Outstanding, DSO), Griechenland (89 Tage), der Türkei und Italien (je 83 Tage) müssen Unternehmen besonders lange auf ihr Geld warten. Große Player nutzen häufig ihre Marktposition und sind oft späte Zahler, die kleinen haben oft keinerlei andere Option, Zahlungen aufzuschieben.
In Afrika zeigt sich dieses Paradox ebenfalls: Während staatliche Unternehmen ihre Zahlungen auf teilweise mehrere Jahre hinausschieben können, haben andere keine andere Option als in bar zu bezahlen. In Marokko zum Beispiel liegt die Zeit zwischen Rechnungsstellung und Bezahlung durchschnittlich bei 84 Tagen – aber 30 Prozent aller Transaktionen laufen weiterhin mit Barzahlungen.
„Der afrikanische Markt ist für deutsche Exporteure ein wichtiger Zukunftsmarkt“, sagt Ron van het Hof, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Noch spielen Exporte nach Afrika bei den meisten Firmen eine eher geringe Rolle – auch wegen teilweise hoher Zahlungsrisiken. Südafrika, Ägypten und Algerien spielen bei den Ausfuhren bisher die Hauptrolle. Aber im Zuge der Wachstumsstrategien deutscher Unternehmen ist die Erschließung neuer Märkte immer wichtiger. Afrika ist vom wirtschaftlichen Potenzial sicherlich ein heißer Kandidat für Exporteure.“
Wer profitiert? Ölexportierende Staaten und ostafrikanische Staaten Algerien, Nigeria, Angola oder Libyen würden von längeren Zahlungszielen besonders profitieren: „Die ölexportierenden Staaten verschwenden derzeit rund 14 Mrd. USD an Barvermögen in ihren Bilanzen“, sagt Subran. „Algerien führt die Rangliste an mit fünf Mrd. USD, was 3 Prozent des BIP entspricht. Die Republik Kongo könnte sogar 11 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) mit längeren Zahlungszielen befreien.“
Auch in Ostafrika ist dies nicht zu vernachlässigen, Kenia und Äthiopien würden von längeren Zahlungszielen ebenfalls profitieren. In Westafrika sind die „Gewinne“ zwar kleiner, aber es würden sich trotzdem einige wirtschaftliche Potenziale erschließen.
„Die traditionellen Finanzierungsinstrumente wie Fremdkapitalfinanzierung, Kredite oder ausländische Direktinvestitionen werden in Afrika weiter ein elementarer Bestandteil der Finanzierung sein“, sagt Subran. „Auch Mobile Payment über das Smartphone ist ein wichtiger Pfeiler der Finanzierung in Afrika. Für Unternehmen jedoch bieten vor allem auch verlängerte Zahlungsziele enormes Wachstumspotenzial.“
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